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Ich kriege sie einfach nicht raus! Hat sich den Tag durch in meine Wohnung geschlichen und ist über Nacht geblieben. Das Fenster sperrangelweit geöffnet, doch ans Gehen denkt sie nicht. Ich kann in ihrer Gegenwart nicht schlafen, höchstens hie und da ein paar Augenblicke lang dösen, dann liege ich wieder wach. Ich brauche gar nicht erst das Licht anzuknipsen, um mich ihrer Gegenwart zweifelsfrei zu vergewissern. Verdammt, ich fluche leise, doch auch dies vermag sie natürlich nicht zu vertreiben. Sie hat sich definitiv entschieden zu bleiben. Auch heute Nacht wieder. Vielleicht geht sie morgen, doch heute Nacht bleibt sie. Am Morgen fühle ich mich wie gerädert und denke darüber nach, einen Ventilator an die Decke zu schrauben. Doch aus Angst, eines Nachts von diesem Mordsding geköpft zu werden, verzichte ich darauf. 26 Grad zeigt das Thermometer – morgens um acht Uhr! Heisse, schlaflose Nächte kann man sich auch anders vorstellen. Doch nächtigt die schwüle Sommerhitze bei einem, bedeutet dies Schwitzen ohne gleichzeitige Glücksmomente. Das Endorphin bleibt im Körper und so manches andere auch.

Doch eigentlich fühle ich mich dann jeweils ein bisschen schlecht, denn ich kenne mich ja gut genug, um voraussagen zu können, dass ich beim ersten Nebel verhangenen Herbstmorgen wieder über das saublöde Schweizer Klima fluchen werde. Ist’s dagegen mal zwei, drei Wochen so richtig Sommer, ist’s also auch wieder nicht recht! Geniessen sollte man diese seltenen Tage, die mit Flip-Flops und kurzen Hosen beginnen und auch genauso wieder enden. Dazwischen schwitzt man aus allen Poren und unterzieht das Deo dem ultimativen Härtetest. Sich darüber zu beklagen, ist irgendwie idiotisch, denn im Herbst, wenn ich ganz unverbindlich den Schal zu suchen beginne, werde ich mein Konto plündern (falls es meine Bank bis dann noch gibt), nur um am andern Ende der Welt aufs Neue die tropische Sommerluft mit meinem Schweiss zu schwängern. Klingt etwas eklig, bringt aber zumindest garantiert keine Vaterschaftsklage mit sich!

Doch zurück im Schweizer Hochsommer gibt’s eigentlich nur einen vernünftigen Ort, wo man übersommern kann: Im Wasser! So verbringe ich meine Tage bis auf weiteres in der Aarauer Badi. Schliesse ich die Augen und lausche meinen Strandtuch-Nachbarn, wähne ich mich irgendwo an der kroatischen oder albanischen Adria. Herrlich! Und die nassen Perlen auf meiner Brust sind hier Wasser (wenn auch leicht verchlort) und nicht Schweiss! Heureka! Und wie ich so unterm Ahorn im Schatten liege und den Windchill-Effekt auf der eigenen Haut verspüre, fröstelt es mich leicht. Halleluja! Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein! Geduldig und entspannt stehe ich dann am Kiosk an, um ein Zwei-Franken-Säckli Süssigkeiten zu ergattern. Klar ist es ein bisschen peinlich, an einem Mittwoch Nachmittag zusammen mit etwa 200 Primarschülern eine Schlange vor dem Kiosk zu bilden. Aber egal, runter mit dem ungesunden Zeugs! Später liege ich wieder im Schatten des Ahorns und mein Magen rebelliert. Mir ist vor lauter Gummischlangen, Apfel- und Cola-Zuckerschlabberzeugs ziemlich übel. Aber immerhin denke ich in der Zeit nicht an meinen Kontostand, der während meinen Aarauer Strandferien auf ein neues Allzeit-Tief zusteuert. Doch kein Grund zur Besorgnis, ich bin in guter Gesellschaft! Der UBS geht’s zurzeit auch nicht besser.



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