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Was befindet sich aktuell in ihrem Abfallsack? Ich erkenne bei mir ein leeres Joghurt-Becherli, eine leere Milchtüte, den harten Rest meines Älplerbrots und ich weiss ausserdem um die zusammengeklappte Kartonkiste meiner fünf belegten Brote, die ich gestern zum Nachtessen verspies. Irgendwo tiefer unten im Sack an den Rand geschoben muss sich diese befinden. Jedoch auch nur, da ich bis heute nicht rausfinden konnte, ob man Karton getrennt bündeln muss oder ob er mit dem Altpapier gemischt werden darf. Die Meinungen darüber gehen auseinander, wie intensive Befragungen in meinem Freundeskreis ergaben. Von dieser Trennungs-Problematik schlichtweg überfordert, musste ich schliesslich kapitulieren und werfe den Karton seither ebenfalls in den Kehricht. In meiner Küche steht also ein ganz normaler Abfallsack, wie sie bei uns jeden Donnerstag Morgen zu Hauf auf die Strasse gestellt werden. Und an denen ich bis heute ohne grössere Besorgnis vorüber gehen konnte. Doch dann kriegte ich heute zwischen Bestellung und Perrier zufällig den Blick in die Finger und erstarrte bald darauf. Ja was musste ich darin Grausames sehen? Da liegt ein Mann – eher lässig locker statt angeblich tot – in einem viel zu kleinen Bett mit blauer Plastiktüte über den Kopf gestülpt. Das Foto war schwarz-weiss, doch auf Grund meines nun doch schon längeren Aufenthaltes hier in Aarau wusste ich genau, dass dieser zweckentfremdete original Aarauer Abfallsack leuchtend blau ein jedem Blick-Leser die Zornesröte ins Gesicht treiben musste!

Der Aargau hat ja schon manch zwielichtige Gestalt hervorgebracht. (Man denke da nur an Urs Meier. Oder noch schlimmer: an Ulrich Giezendanner!) Doch neu ist, dass der Aargau ebenso unliebsames Volk anzieht. Im aktuellen Fall also Ludwid A. Minelli! Der Todesengel national quartiert sich neuerdings in meiner unmittelbaren Nähe ein und lässt seine Kunden mittels handelsüblichem Helium in den Tod abgleiten. Finden Sie das nicht auch bizarr? Schreie eines Todesringens in Kleinkinder-Stimmlage? Wird da nicht der Tod verniedlicht? Todesangst sollte in Bariton daherkommen, sich aber niemals anhören, als wäre grad Ciri Sforza im Nebenzimmer und würde sich ein Spiel seines FC Luzerns anschauen!

Wieso überhaupt taucht Dignitas nun plötzlich in Aarau auf? Lässt dies auf die Qualität unseres Abfallsackes schliessen? Weist dieser folglich eine bessere Reissfestigkeit oder allenfalls Schalldichte auf als der Zürisack? Gefällt das frische Blau den Kunden besser als tristes Grau? Erinnert der aufgedruckte Aarauer Stadtadler den Sterbewilligen aus Deutschland an den Reichsadler? Mit blauem Sack über dem Kopf in einem 90 cm breiten Bett im Herzen des Schweizer Mittellandes zu sterben, das rundet ohne Frage jede Reise in die Schweiz unvergesslich ab! Die Frage bleibt, ob man erstickte Menschen mit normalen Haushaltsabfällen mischen darf oder ob diese einer speziellen Entsorgung bedürfen. Aber der Zeitpunkt des Sterbens ist gut gewählt, denn nächsten Mittwoch bietet unsere Stadt wieder ihren beliebten Häckseldienst an. Je nach Parteizugehörigkeit des Sterbetouristen könnte die Entsorgung allerdings auch bereits nächsten Dienstag mit der Grünabfuhr gelingen.



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